DOI: 10.1515/sirius-2023-4004 ISSN: 2510-2648

Die nukleare Dimension von Deutschlands F-35-Entscheidung von 2022 in historischer Perspektive

Andreas Lutsch
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Kurzfassung

Deutschlands Entscheidung von 2022, F-35 Kampfflugzeuge als Nachfolger der Tornados für Einsätze im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO zu beschaffen, reflektiert einen während der Kanzlerschaft Konrad Adenauers verankerten Ansatz: Deutschland ist und bleibt ein Nichtkernwaffenstaat, produziert und kontrolliert keine Kernwaffen, aber es trägt im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO zum risk and responsibility sharing unter Verbündeten teil. Deutschlands Grundsatzentscheidung zugunsten der F-35 legt zudem nahe, dass die Bundesregierung ausreichend Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der nuklearen Schutzzusage der USA zur Abschreckung mindestens nuklearer Bedrohungen hat. Die Entscheidung von 2022 zeigt, dass fundamentale Elemente der strategischen Logik fortbestehen, die auch die nukleare Sicherheitspolitik Deutschlands während des Kalten Krieges seit Adenauer leiteten. Zu diesen Elementen gehören geostrategische Kontinuitäten, das Interesse an der transatlantischen Westbindung Deutschlands und der bedingte Verzicht auf nationale Kernwaffen. Zweitens argumentiert der Artikel, dass sich Wahrnehmungen der militärstrategischen Erfordernisse glaubwürdiger US extended nuclear deterrence bezogen auf Europa anscheinend in profunder Weise geändert haben. Demnach erscheint es als weniger anspruchsvoll als einst im Kalten Krieg, die nuklearen Schutzzusagen der USA für Europa glaubwürdig zu halten. Zudem stellt der Artikel fest, dass kein einziger Staat in der NATO – auch nicht Frankreich – in der Lage wäre, die strategische Rolle der USA in Europa einzunehmen.

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