Digitales Selbstbevorzugungsverbot im Missbrauchsrecht: Müssen Plattformen den Wettbewerber doch zum eigenen Nachteil fördern?
Ines Bodenstein, Sarah Zinndorf- General Medicine
Zusammenfassung
Die Selbstbevorzugung oder das sog. „Self-preferencing“ ist eine Missbrauchskategorie, der immer mehr Aufmerksamkeit in den Verfolgungsprioritäten der Europäischen Kommission oder nationaler Kartellbehörden zukommt. Zentrale Fälle sind die Verfahren der Europäischen Kommission i. S. Google Shopping und Amazon Marketplace und Buy Box. Aber auch die frühen Microsoft-Fälle können unter eine Theorie der Selbstbevorzugung fallen. Dem Verbot der Selbstbevorzugung steht der Grundsatz gegenüber, dass prinzipiell auch für ein marktbeherrschendes Unternehmen keine Pflicht zur Förderung fremden Wettbewerbs besteht. Dies führt zu einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit in der Praxis bei der Bewertung von Selbstbevorzugungsfällen über die konkret entschiedenen Verfahren und über die inzwischen erfolgte (Quasi)-Regulierung in DMA und § 19a GWB hinaus. In diesem Beitrag soll deswegen versucht werden, aus den zentralen Fällen zur Selbstbevorzugung allgemeine Beurteilungskriterien für das klassische Missbrauchsrecht abzuleiten.